Lieber Gast, der im Mai 2013 kreierte „Lohrer Fabulologenwein“ soll Ihnen vor Augen führen, dass „Fabulologie“ und Schneewittchen in Lohr zwei Seiten ein- und derselben Geschichte sind, die eng zusammengehören. Diese Geschichte begann im Herbst 1985. Zu mitternächtlicher Stunde saß einer der drei Fabulologen, Werner Loibl, in seiner Studierstube hoch oben im Schloss zu Lohr. Bei der intensiven archivarischen Beschäftigung mit dem barocken Großbetrieb der kurmainzischen Spiegelmanufaktur in Lohr (1698 – 1808) erschien vor seinem geistigen Auge plötzlich ein Zusammenhang, der ihn nicht einmal überraschte, weil er ihn so naheliegend fand: der Zusammenhang zwischen dem „Spieglein, Spieglein an der Wand…“ aus dem Märchen Schneewittchen und den berühmten „ Lohrer Spiegeln“ aus ebendieser Spiegelmanufaktur. Dieser Gedanke inspirierte die drei auf dem obigen Weinetikett abgebildeten Lohrer Fabulologen in weinseliger Stammtischrunde zu der Schlussfolgerung, dass, wenn der Märchenspiegel ein „Lohrer Spiegel“ ist, dann auch Schneewittchen eine Lohrerin gewesen sein muss. Schon bald fand Dr. Karlheinz Bartels – natürlich rein deduktiv und streng „fabulologischwissenschaftlich“ – heraus, dass es sich beim Lohrer Schneewittchen nur um Maria Sophia von Erthal handeln konnte, die 1725 im Schloss zu Lohr das Licht der Welt erblickte. Sie war die Tochter des Oberamtmanns Philipp Christoph von Erthal. Unterstützt von den Gedankenblitzen der Stammtischrunde konnte Dr. Bartels auch alle anderen Bezugspunkte aus dem Märchen zuordnen: so die böse Stiefmutter, die der Vater von Schneewittchen 1743 heiratete, den „Wilden Wald“, der natürlich der Spessart war. Die sieben Zwerge waren kleinwüchsige Bergleute, die bei dem 35 km von Lohr entfernten Bieber unter Tage nach Erz gruben. Der Fluchtweg dorthin führt über genau sieben Berge. Der „durchsichtige Sarg aus Glas“ und die „eisernen Pantoffeln“, in denen die Stiefmutter tanzen musste, konnten in den Glashütten bzw. Eisenhämmern des Spessarts hergestellt werden. Der wichtigste Beleg war aber der „Schneewittchenspiegel“. Er mag die Stiefmutter durch seinen Hinweis in der Rahmung auf ihre Eigenliebe („Amour propre“) besonders gegen Schneewittchen aufgebracht haben. Sein 1986 erschienenes Buch mit dem Titel „Schneewittchen – Zur Fabulologie des Spessarts“ schloss Dr. Bartels mit „Vivat Fabulologia“ und mit dem Ausspruch des 2013 verstorbenen Mitfabulologen Helmuth Walch: „Wenn wir wieder einmal Windeier aufschlagen, laden wir Sie wieder zum Essen ein.“ Helmuth Walch war viele Jahre lang mit unserem Weinhaus auch als Wirt eng verbunden. Den Begriff „Fabulologie“ gibt es übrigens in keinem Lehrbuch der Märchenforschung und in keiner lebenden oder toten Sprache. Er ist eine Wortschöpfung von Dr.Bartels. Das Wort gibt es nur und ausschließlich in Lohr. „Fabulologie“ bedeutet „Märchenwissenschaft“. Sie ist eine Kombination aus dem lateinischen „fabula“ (Märchen) und dem griechischen „logos“ (Wissenschaft). „Prosit Fabulologia!“ Wir danken Dr. Wolfgang Vorwerk für die textliche Mitgestaltung.